Rehbock auf der Wiese
Ein roter Rehbock im Juli auf der Suche nach einer Geiß

So lebt das Rehwild

Rehe sind recht anpassungsfähig und kommen sowohl in lichten Wäldern als auch auf Feldern vor. Sie benötigen lediglich Dickicht, das ihnen Unterschlupf bietet und Möglichkeiten zum Äsen, also zum Fressen. Dabei ist das Rehwild sehr wählerisch. Es sucht sich die gehaltvollsten und wohlschmeckendsten Kräuter, Sprossen und Knospen aus und verschmäht hartes Gras. Rehe sind Wiederkäuer. Das bedeutet, dass sie nach dem Fressen eine Pause einlegen und das Futter aus ihrem großen Speichermagen, dem Pansen, wieder hochwürgen und nochmals durchkauen. Ihr Tag ist also bestimmt durch Äsungsphasen und Ruhephasen zum Wiederkäuen.

Die Böcke kämpfen um die besten Gebiete

Im Frühjahr und Sommer sind die männlichen Rehe, die Böcke, sehr gut von den weiblichen Rehen, den Geißen oder Ricken, zu unterscheiden. Bereits im Winter wächst den Böcken ein Geweih unter einer samtigen Hautschicht, die man Bast nennt. Ab März streifen sie diese Haut ab, indem sie ihr Geweih an Büschen und jungen Bäumen reiben. Dabei bevorzugen sie Gehölze, die intensiv duften, zum Beispiel den Holunder oder die Douglasie. Da das Geweih aus Knochen besteht, wäre es eigentlich hell, aber durch die Rinde und die Pflanzensäfte färbt es sich so dunkel, wie wir es kennen.

Während des Winters leben die Rehe in Gemeinschaften, auch Sprünge genannt. Aber sobald der Frühling naht, werden die Rehböcke zu ernsthaften Konkurrenten. Sie kämpfen um die besten Gebiete, denn dorthin kommen dann die Geißen. Sie versuchen zunächst, sich gegenseitig zu beeindrucken. Reicht das nicht, um den anderen Bock zu verscheuchen, gehen sie mit ihren Geweihen aufeinander los. Es kommt zwar nicht so häufig vor, aber mit den Geweihen können sie sich ernsthaft verletzen. Schließlich flieht der unterlegene Bock und der Einstand gehört dem Sieger.

Die Geißen wählen den Einstand

Die Geißen suchen sich nicht den attraktivsten Bock aus, sondern den Einstand. Im Frühjahr wählen sie den aus, in denen sie am besten ihre Kitze großziehen können. Im Mai und Juni kommen dann die Kitze auf die Welt, im Normalfall sind es Zwillinge. Alte oder schwache Geißen bringen nur ein Kitz zur Welt, ganz selten können es Drillinge sein.

Die Kitze können zunächst der Mutter nicht folgen, deshalb legt die Geiß sie getrennt voneinander in der Wiese ab. Dort bleiben sie stundenlang still liegen. Sie sind annähernd geruchlos und ihre Tupfenzeichnung lässt sie mit dem Hintergrund verschwimmen. Das meiste Wild kann Farben nicht besonders gut sehen und Rot- und Grüntöne nicht unterscheiden. So fällt das rotbraune Kitz in der Wiese mit den Blumen fast nicht auf. Außerdem ist es annähernd geruchlos. Wenn sich etwas nähert, drückt es sich reflexhaft auf den Boden und verbirgt sich so.

Rehkitze retten – bitte richtig!

Niemals sollte man Kitze mitnehmen, streicheln oder in den Arm nehmen, so süß sie auch aussehen. Sie sind nicht von ihrer Mutter verlassen worden, sondern warten geduldig darauf, dass diese zum Säugen vorbeikommt. Riecht das Kitz aber nach Mensch, wird die Geiß das Kitz nicht mehr annehmen und es muss verhungern.

Im äußersten Notfall aber, wenn beispielsweise gemäht werden muss oder das Kitz mitten im Weg liegt, kann man eine große Menge Gras oder Laub verwenden um es damit aufzuheben ohne den Menschengeruch zu übertragen. So kann man es in Sicherheit bringen. Kitz und Geiß finden wieder zusammen, da die Geiß das Kitz mit Fieplauten ruft und es der Mutter antwortet.

im Juli und August ist die Blattzeit

Die Paarungszeit der Rehe wird Blattzeit genannt. Trifft der Bock in seinem Einstand auf eine paarungsbereite Geiß, dann treibt er sie in großen Kreisen vor sich her. Oft sieht man das kreisförmig niedergetretene Gras oder Getreide am nächsten Tag. erst nachdem er sie so einige Zeit umworben hat, kommt es zur Paarung.

Die Rehgeiß stellt eine biologische Besonderheit dar: Sie lässt die befruchteten Eizellen etliche Monate ruhen. Erst ab etwa Dezember entwickeln sie sich weiter. Diese Eiruhe erlaubt es dem Rehwild, sowohl Paarungszeit als auch Setzzeit dann zu haben, wenn Futter im Überfluss vorhanden ist und die Witterung mild.

Das Rehwild aus Sicht des Jägers

Das Rehwild ist unsere häufigste Wildart. Es ist das einzige Schalenwild, das nicht zum Hochwild gehört. Den adligen Jägern waren die Rehe damals nicht edel genug, um Jagd auf sie zu machen, deshalb überließ man sie den einfacheren Leuten. So zählt es auch heute noch nicht zum Hochwild. Die Bestände des Rehwildes sind in den meisten Gebieten erhöht, sodass die nachhaltige Bejagung auf Rehwild problemlos möglich ist.

Derzeit ist das Rehwild in den Fokus geraten, da es in den ohnehin stark geschädigten Wäldern die Triebspitzen und Knospen der jungen Bäumchen verbeißt und dadurch verhindert, dass sie zu gesunden und wertvollen Forstertragsbäumen heranwachsen. Böcke können Jungbäume auch schädigen, indem sie ihr Geweih daran verfegen, also die Basthaut abstreifen. Es ist im Gespräch, ein Gesetz mit einer Mindestabschussquote einzuführen. Dies ist nicht unumstritten und etliche Jagdverbände haben sich bereits dagegen ausgesprochen.

Wildbret vom Reh ist das vermutlich beliebteste Fleisch, das der Jäger liefern kann. Insbesondere Restaurants und Gaststätten sind dankbare Abnehmer. Böcke und Schmalrehe (junge weibliche Rehe aus dem Vorjahr) dürfen von Anfang Mai bis Ende Januar bejagt werden, Geißen und Kitze von September bis Januar.